Der Formsand, eine kreidezeitliche Meeresablagerung
(Von Arno Heinrich)
Jeder, der sich mit der Geschichte der Erde beschäftigt, wird sich in einer Sandgrube oder einem Steinbruch fragen, wann wohl die Entstehungszeit des hier abgelagerten Materials gewesen sein mag. Eine Frage zieht die andere nach sich: Wie sah es damals hier aus, welche Pflanzen und Tiere existierten, war es Land oder Meer ? Der Geologe beginnt zu suchen.
Es soll hier nicht die Frage erörtert werden, was man überhaupt alles finden kann, sondern mehr, was hier im Bottroper-Osterfelder Formsand gefunden wurde.
Es war nicht viel, das sei gleich vorweg gesagt ! Die Masse der eingebetteten Tiere hat sich aufgelöst und nur wenige Funde von Muscheln, Austern, Armkiemern, Belemniten und Seelilien konnten die chemischen Prozesse, die sich im Laufe von 80 Millionen Jahren im Boden abgespielt haben, überdauern.
Dafür zeichnen sich aber im Sand die Spuren grabender Organismen, wie Würmer, Muscheln, Schnecken und auch von Krebsen ab. Es sind die mit etwas anderen Materialien ausgefüllten Grabgänge dieser Tiere.
Die Entstehung derartiger Bauten ist heute bei Ebbe im Watt an der Nordseeküste sehr gut zu beobachten.
Mit dieser ersten Aussage haben wir also festgestellt, dass der Sand, den wir in unseren Gruben sehen konnten, als eine Meeresablagerung anzusprechen ist.
Die nächste Frage bezieht sich natürlich auf das Alter. Wann gab es hier ein Meer ? Für den Geologen ist das noch gar nicht so lange her. Noch in der Tertiärzeit lag unser Gebiet im Küstenbereich eines Meeresarmes. An der Autobahnauffahrt Sterkrade-Nord und auch im westlichen Kirchhellener Bereich kommen Meeressande und Tone vor, die etwas über 20 Millionen Jahre alt sind.
Belemnit
Im Volksmund werden Belemniten auch Donnerkeile genannt.
Im Formsand kommen Belemniten vor ! Das sind Hartteile einer am Ende der Kreidezeit ausgestorbenen Titenfischform. Weil die Belemniten gleichmäßig im Formsand vorkommen, bedeutet das, dass der Formsand vor dem Aussterben dieser Tiere abgelagert worden sein muss. Und so war es auch ! Die Untersuchungen der Geologen haben ergeben, dass der Formsand in die Formation Kreide, besser gesagt, zur Oberkreide, und darin in die Stufe Santon einzuordnen ist.
Im Abbaugebiet von Bottrop und Osterfeld befindet sich das Formsandvorkommen über den Emschermergeln und unter der wesentlich jüngeren (eiszeitlichen) Rhein-Hauptterrasse mit einem im Durchschnitt hier 6 m mächtigem Kieslager.
Dieser Kies musste erst abgeräumt werden, um an den Formsand zu gelangen. Damit wurde natürlich das alte Oberflächenprofil zerstört.
Der alte Baumbestand mußte weichen und ein über große Flächen des Abbaugebietes verbreiteter Urnenfriedhof der Bronze/Eisenzeit wurde samt Grabhügel mit abgetragen.
Verwertbar im Sinne des "Formsandes" war lediglich eine Schicht von ca. 20 m Mächtigkeit. Hier war der frühere enthaltene Kalk weitgehend ausgewaschen. Die Körnung lab bei 0,1 bis 0,2 mm. In Verbindung mit der schwachtonigen Zusammensetzung des glaukonitischen Sandes war hier ein Material entstanden, das in der Metallindustrie gut zur Herstellung von Gußformen genutzt werden konnte. Mit der im Abbaugebiet variierenden Zusammensetzung (Qualität) ließen sich die unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigen.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Bottroper-Osterfelder-Formsand zu den begehrtesten Vorkommen in Deutschland und den angrenzenden Ländern gehörte. Erst der synthetische Formsand, der durch Vermischung von Ton- und Sandmengen die gewünschte Qualität erreicht, brachte den Formsandabbau zum Erliegen.